Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Friedrich Kunze und seine Frau

Früh Morgens d. 7. Dec. [Mittwoch] 85.

Huber versichert in seinem Brief, daß ich ein paar Zeilen beilegen würde, ich kann den armen Schelm in seiner Lüge nicht steken lassen, denn er baut Häußer auf meine Versprechungen. Was soll ich Euch aber schreiben meine Lieben? Daß ich Euch herzlich gut bin und alles Gutes euch wünsche, was ich nur für mich selbst vom Himmel erbitten kann ist mir, und euch hoffentlich auch etwas sehr bekanntes.

Ich bin jezt ganz erschröklich beschäftigt, wenn man das Beschäftigung nennt, daß ich viel thun sollte. Der liebe Gott wird schon seinen Seegen und Vollbringen geben. Ich wußte, daß euch mein Lied an die F. vergnügen machen würde, denn wir sind, soviel ich weiß, über den Punkt so ziemlich auf einen Ton gestimmt, und überdieß kömmt der Dichter immerhin ganz erträglich weg, wenn ihm das Herz seines Lesers das Urtheil spricht. Guter Humor, Freundschaft, und ein Glas alten Rheinweins werden schon noch zuweilen einen Funken der Begeisterung aus mir schlagen. Es sollte übrigens ein Gesez gemacht werden, daß jeder Leser für den angenehmen Augenblik den ihm ein Gedicht macht, befugt wäre dem Dichter eine Bouteille zu dedicieren, wenn das Gedicht auf den Wein ist, und die Mädchen, ihn zu küssen, wenn das Gedicht von der Liebe handelt. Wo Henker soll man sonst zulezt sein Feuer herhohlen? Lebt wol meine Lieben und denkt zuweilen an Euren

F. Schiller.