Friedrich SchillerFriedrich Schiller

Friedrich Schiller an Leonhard Meister

Mannheim, d. 12. November [Freitag] 84.

Die Freiheit, die ich mir jezt nehme, Sie mit einem Brief und einer Bitte zu beunruhigen, kann nur durch die einzige Rüksicht entschuldigt werden, daß ich ein Mitglied derjenigen gelehrten Gesellschaft bin, welche gegen Ihre vortrefliche Abhandlung über die Preißfrage gerecht war. Ich könnte vielleicht hinzusezen, daß die Stimmen der Gesellschaft mich zu einem von den dreien erwählten, welchen die Entscheidung übertragen ward – Dann aber würde ich nur meinem Geschmack, nicht aber meiner Freundschaftlichen Gesinnung gegen Sie das Kompliment machen. Darauf aber bin ich stolz, daß der Zufall mich so weit begünstigte, einem der vortreflichsten Köpfe Deutschlands bewiesen zu haben, daß ich ihn schäze.

Sehen Sie indessen diesen Vorbericht ja nicht für eine sogenannte Captatio benevolentiae an, weil ich jezt zu einer Bitte übergehe. Ich weiß, daß Sie Unternehmungen, welche zum Vortheil der schönen Litteratur und der Menschheit angefangen werden, Ihrer Aufmerksamkeit und auch vielleicht thätigen Theilnahme würdigen. Beiliegende Avertissements werden Sie damit und auch mit mir selbst etwas näher bekannt machen. Darf ich mir mit der Hoffnung schmeicheln, diese Sache durch Ihre Mitwirkung in Zürich und den dasigen Gegenden befördert zu sehen? Dieses, werthester Herr Professor, ist es, warum ich Sie angelegentlich bitte, weil nur die gehörige Unterstüzung von Seiten des Publikums dem unternommenen Werke Vortreflichkeit geben kann. Ihre Zirkel, Korrespondenz, Empfehlungen versprechen mir den besten Erfolg. Wollen Sie solche zu Beförderung meines Wunsches anwenden, so verpflichten Sie Sich dadurch einen Mann, der sich’s zur grösesten Ehre schäzt sich nennen zu dürfen

Ihren ergebensten

F. Schiller